STADTKLETTE

Künstlerische Residenz, interaktive Installation im öffentlichen Raum


Ein Kiosk. Ein Ort so klar umrissen, dass jede*r seine eigene Vorstellung hat. Zigaretten, ein schnelles Bier auf dem Weg zu einer Verabredung, manchmal das rettende Paket Nudeln auf einem Sonntag. Stets da, Knotenpunkt der Nachbarschaft, von allen frequentiert. Eine improvisierte Struktur, die sich in die Zwischenräume der Stadt pflanzt, Hohn jeder zentralistischen Planung. Gleichzeitig ein Subsistenzmodell, Chance für diejenigen, die das Wagnis des selbstständig-Seins auf sich nehmen. Ein dezentraler Ort der Selbst- und Nahversorgung, ein Stück Autonomie. Vom Schrein über den Zeitungskiosk bis hin zu Orten der Geselligkeit und des nachbarschaftlichen Austausches hat der Archetypus Kiosk über die Jahrtausende seine Gestalt gewandelt und angepasst.

Der Kiosk am Reileck hingegen präsentiert sich uns heute als offener Raum, als Möglichkeit und Leerstelle in der Stadt, die ihrer Aneignung harrt. Damit markiert er einen Kontrapunkt zur Stadt, die zusehend durchkommerzialisiert wird, die abweisend wirkt und Raum nur gegen Geld bietet. Der Kiosk funktioniert dabei als Keimzelle für eine spontane Wiederaneignung der Stadt.

Dafür entwickelten wir die Stadtkletten, die zusammen mit einer Anleitung zum einfachen Zusammenbau am Kiosk zur freien Verfügung standen. Über den Stadtraum hinweg sollen sie von der Keimzelle aus (dem Kiosk) neue Situationen schaffen, indem jede*r sie zusammen mit einem Patenausweis zur Dokumentation mitnehmen kann und an einem Ort der Wahl installiert. Die drei Basismodi des einfachen Stecksystems – Genießer, Creeper und Schrein – sind Ausgangspunkt für eigene Erforschung der Möglichkeiten der Stadtkletten.

September 2023 / Kunst- und Projektraum Kiosk am Reileck in Halle / bei Hr. Fleischer e.V.